Ich freue mich jeweils sehr, wenn jemand von den Dingen, die ich sage, beeindruckt ist. Ich kann wohl sagen, dass dies im Fall meines Lieblingstrolls Andreas Gossweiler zutrifft. Er zitiert regelmässig die Titelzeile des Interviews, das ich vor bald einem halben Jahr der Ostschweiz am Sonntag gegeben habe. Heute benützte er ein Statement von mir sogar für einen einseitigen und vor Frustration triefenden Blogartikel übers Internet-Dating. Ich bin so geschmeichelt!
Das Internet ist für Menschen wie mich – ich bin sehr schüchtern und rede nicht gerne – die beste Erfindung, die ich mir vorstellen kann. Es erleichtert mir den Austausch mit anderen und gibt mir die Möglichkeit, meine Anliegen zu kommunizieren, was mir sonst nicht einfach so gelingt.
Andreas Gossweiler schreibt, dass Internet-Dating nicht funktioniert. Ich bin nicht seiner Meinung, denke, man muss da unterscheiden. Ich habe nie Online-Dating-Portale konsultiert, weil ich sie unsympathisch und unästhetisch finde. Es scheint mir nur logisch, dass Menschen sich nicht ineinander verlieben, nur weil sie gegenseitig ihre Daten sehen und dazu wichsen.
Ich bin jedoch überzeugt, dass Dienste wie Twitter dazu führen, dass sich Menschen mit der selben Einstellung, ähnlichen Idealen finden und miteinander kommunizieren. Wer miteinander kommuniziert, und sei es „nur“ schriftlich, kommt sich näher.
Nun bin ich ebenso überzeugt, dass viele Twitterer nicht in erster Linie aus Paarungssuchegründen schreiben, sondern weil sie einfach gerne kommunizieren. Insofern könnte man Twitter also als grosses Parkett sehen, wo die Tänzer darauf warten, dass jemand im selben Rhythmus anfängt zu tanzen.
Ich tue mich schwer mit dem Schliessen von Freundschaften. Warum das so ist, weiss ich nicht genau. Was ich aber weiss, ist, dass sehr viele Bekanntschaften, die ich auf Twitter schliesse, wertvoll für mich sind. Ich wage zu behaupten, dass aus dem Austausch von Gedanken, Gedichten, dem Führen politischer Diskussionen, dem Streiten, dem Vertrauen geben tatsächlich auch Freundschaften entstanden sind, die ich so nie geschenkt bekommen hätte.
Vielleicht wird der Satz „twitter ist wie das richtige Leben“ zu kurz gefasst, wenn er auf Online-Dating ausgelegt wird. Das Leben besteht doch aus sehr viel mehr als aus Flirten und sich paaren, oder Herr Gossweiler?
Für mich ist das Internet incl. den »Sozialen Medien« einfach nur ein weiterer Sozialraum. Jeder Sozialraum hat Einschränkungen der verfügbaren Informationen und Informationskanäle; das was Eva Illouz mit »holistisch« bezeichnet ist auch nur ein kleiner Ausschnitt der darin involvierten Personen. In der Regel weiß man beim spontanen Treffen in der Öffentlichkeit nichts über psychische Zustände, Krankheiten, Genitalpiercings (oder Genitalrasur) noch eröffnet sich in den vielzitierten ersten 5 Sekunden der Humor des Gegenübers, Argumentationsfähigkeit, Musik- oder Filmgeschmack, religiöse Einstellung, meistens nicht einmal Beruf oder Berufung. Respektive man erfährt einen Ausschnitt davon je nach dem Kontext, in dem man die Person trifft. Dass ich das Gegenüber dafür sehen und riechen und hören kann (sofern man dort kein Handicap hat, natürlich – Gehörlose oder olfkatorisch-behinderte Menschen scheinen bei Herrn Gossweiler nicht zu existieren) ist eine schwache Entschädigung.
Dass Herr Gossweiler das titelgebende Zitat innerhalb eines Satzes auf »Internet-Dating« beschränkt lässt tief blicken.
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„Twitter ist wie das richtige Leben“ trifft den Sachverhalt gar nicht schlecht (auch wenn man ihn bewusst miss-verstehen kann), da es schlussendlich um Kommunikation geht und die fürs Leben zentral ist. Natürlich ist es eine andere Art als das direkte Gespräch, insbesondere wird der (im physischen Kontakt oft schwer zu überwindende) Unterschied zwischen Intro- und Extrovertierten ziemlich nivelliert. Vermutlich haben es Extrovertierte auf Twitter sogar schwerer, da es mehr um Inhalte als um Show geht (das ist jetzt die introvertierte Sicht, andersrum sieht das anders aus 🙂 und alle Beteiligten die ihnen entsprechende Zeit zum Reagieren haben.
Entsprechend ist es nicht mehr als logisch, dass sich auch aus Twitter-Kontakten Freundschaften und Beziehungen ergeben. Ich würde sogar so weit gehen und mal die Aussage wagen, dass es sehr eigenartig wäre wenn dem nicht so ist.
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Das Netz ist eine Teilmenge des richtigen Lebens. Es gehört dazu. Ich würde es nicht separat davon sehen.
Und ich bin echt froh, dass es das Netz gibt, denn manchmal führen Lebensumstände dazu, dass man weniger gut rausgehen und soziale Beziehungen pflegen kann. In den Fällen hilft das Netz gegen die drohende Vereinsamung.
Wer hat eigentlich den Mist erfunden von wegen, Menschen würde im Netz einsamer?
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