Ein Bericht in der Ostschweiz am Sonntag über eine Frau, die über ihre Kinderlosigkeit berichtet und die nachfolgende Diskussion auf Twitter inspirierte mich zu diesem Text. Ich möchte darüber schreiben, warum ich es für mich ok finde, keine Kinder zu haben.
Ich wusste schon früh, als kleines Mädchen, dass ich nie Mutter sein würde. Das war eine Wahrheit, die einfach in mir drin war. Ich konnte darin nichts Schlechtes oder Krankes entdecken. Es war halt so.
Natürlich spielte auch ich mit Puppen. Ich begriff erst später, dass mich dieses Spiel darauf vorbereiten sollte, irgendwann einmal eine „gute“ Mutter zu werden. Ich konnte wenig anfangen mit Babypuppen, obwohl gerade die doch soooo herzig und lebensecht waren. Ich mochte Puppen mit langen Haaren, die ich frisieren konnte. Puppen mit tollen Kleidern. Mein Lieblingsbäbi, das gleich wie meine Gotte hiess, hatte einen schwarzen Kunstledermantel. Den fand ich grossartig. Aber sonst? Ich zog meine Lego-Ritterburg vor.
Ich entstamme nicht aus wirklich kinderreichen Familien. Mein Vater hatte noch einen Bruder, meine Mutter war Einzelkind. Wir Kinder wären zu dritt gewesen, wenn nicht unser Bruder kurz nach der Geburt verstorben wäre.
Das hat mich insofern geprägt, als dass ich schon früh lernte: Kinder sind nicht die allseeligmachende Lösung für ein glückliches Leben. Kinder zu haben bedeutet unter Umständen auch Leid. Und das will gut überlegt sein.
Später hatte ich es öfters mit Menschen zu tun, die mich zu ermutigen versuchten, doch auch Kinder zu haben.
„Du wirst schon sehen, seine eigenen Kinder wird man lieben.“
Wir alle wissen, wie viele psychologische Probleme daraus entstehen, dass Kinder von ihren Eltern eben nicht einfach so geliebt werden. Mutterliebe ist so ein Mythos, der viele Menschen unglücklich gemacht hat.
„Dein gebärfreudiges Becken schreit doch geradezu nach Kindern.“
Ich dachte mir damals, ja klar: ein breites Becken ist sicher hilfreich beim Gebären, aber doch noch keine Voraussetzung für eine gute Elternschaft. Ich bin doch keine Kuh. Auch dass ich für andere sichtbar „Brüste“ besass, lud vorwitzige Menschen dazu ein, mich darauf hinzuweisen, dass ich ja sogar in der Lage wäre, Kinder zu stillen. Glücklicherweise wurde mir das gesagt!
„Du arbeitest doch im Sozialbereich, da musst du Kinder doch gern haben.“
Ich hab Kinder ja auch gerne. Vor allem, wenn sie nicht meine eigenen sind. Aber was hat mein Beruf damit zu tun, ob ich Kinder haben will?
Ich habe übrigens mit jedem meiner Partner darüber von Anfang an gesprochen, dass ich keine Kinder haben will. Ich bin und war der Meinung, wenn ein Mann diesen Wunsch mit seiner Partnerin hegt, muss von Anfang an Klarheit herrschen. Ich hätte dann halt damit leben müssen, dass er mich deswegen verlässt. Aber das war für mich nicht mehr als ok und fair.
Nochmals einige Jahre später, ich war nun bereits über 30 Jahre alt, trug man mir zu, doch nun meinen Beitrag zur Gesellschaft zu leisten: Kinder kriegen ist da offenbar ganz oben auf der Liste, was frau so tun muss, damit sie ein vollwertiges Mit-Glied ist.
„Hörst du nicht deine biologische Uhr ticken?“, war ein Satz, den ich damals besonders übel fand. Heute bin ich froh, dass ich 42 bin und mir solche Fragen mittlerweile erspart bleiben. Älterwerden ist eine tolle Sache.
Natürlich fragte ich mich, was denn nun mein Beitrag zum gesellschaftlichen Leben war, wo ich doch keine Kinder hatte und für andere offensichtlich etwas unnütz wirken mochte.
So entschied ich mich vor 12 Jahren, meine Mutter bis in den Tod zu begleiten. Das war definitiv kein Sonntagsspaziergang und auch nicht einfach nur „schön“. Aber es war rückblickend ok und eine gute Entscheidung. Die Auseinandersetzung mit dem Sterben und dem Tod war für mich vielleicht das, was andere das „Wunder des Lebens“ nennen mögen. Es stellt alles auf den Kopf und das ist gut so.
Auch dass ich mich danach um meine Omi kümmerte, die an Demenz erkrankte, war ein Schritt, der aus dem gleichen Verantwortungsbewusstsein heraus entstand. Hätte ich Kinder gehabt, wäre mir das wohl nicht einfach so möglich gewesen.
Ich glaube daran, dass alles im Leben seine Ordnung hat. Man weiss ja auch nie, was das Leben noch mit sich bringen wird.
Danke. Sowas von DANKE. Wir sind da wirklich Schwestern im Geiste.
LikeLike