Frauen, Männer

Kinder-Wünsche

Ein Bericht in der Ostschweiz am Sonntag über eine Frau, die über ihre Kinderlosigkeit berichtet und die nachfolgende Diskussion auf Twitter inspirierte mich zu diesem Text. Ich möchte darüber schreiben, warum ich es für mich ok finde, keine Kinder zu haben.

Ich wusste schon früh, als kleines Mädchen, dass ich nie Mutter sein würde. Das war eine Wahrheit, die einfach in mir drin war. Ich konnte darin nichts Schlechtes oder Krankes entdecken. Es war halt so.

Natürlich spielte auch ich mit Puppen. Ich begriff erst später, dass mich dieses Spiel darauf vorbereiten sollte, irgendwann einmal eine „gute“ Mutter zu werden. Ich konnte wenig anfangen mit Babypuppen, obwohl gerade die doch soooo herzig und lebensecht waren. Ich mochte Puppen mit langen Haaren, die ich frisieren konnte. Puppen mit tollen Kleidern. Mein Lieblingsbäbi, das gleich wie meine Gotte hiess, hatte einen schwarzen Kunstledermantel. Den fand ich grossartig. Aber sonst? Ich zog meine Lego-Ritterburg vor.

Ich entstamme nicht aus wirklich kinderreichen Familien. Mein Vater hatte noch einen Bruder, meine Mutter war Einzelkind. Wir Kinder wären zu dritt gewesen, wenn nicht unser Bruder kurz nach der Geburt verstorben wäre.

Das hat mich insofern geprägt, als dass ich schon früh lernte: Kinder sind nicht die allseeligmachende Lösung für ein glückliches Leben. Kinder zu haben bedeutet unter Umständen auch Leid. Und das will gut überlegt sein.

Später hatte ich es öfters mit Menschen zu tun, die mich zu ermutigen versuchten, doch auch Kinder zu haben.

Du wirst schon sehen, seine eigenen Kinder wird man lieben.
Wir alle wissen, wie viele psychologische Probleme daraus entstehen, dass Kinder von ihren Eltern eben nicht einfach so geliebt werden. Mutterliebe ist so ein Mythos, der viele Menschen unglücklich gemacht hat.

Dein gebärfreudiges Becken schreit doch geradezu nach Kindern.
Ich dachte mir damals, ja klar: ein breites Becken ist sicher hilfreich beim Gebären, aber doch noch keine Voraussetzung für eine gute Elternschaft. Ich bin doch keine Kuh. Auch dass ich für andere sichtbar „Brüste“ besass, lud vorwitzige Menschen dazu ein, mich darauf hinzuweisen, dass ich ja sogar in der Lage wäre, Kinder zu stillen. Glücklicherweise wurde mir das gesagt!

Du arbeitest doch im Sozialbereich, da musst du Kinder doch gern haben.
Ich hab Kinder ja auch gerne. Vor allem, wenn sie nicht meine eigenen sind. Aber was hat mein Beruf damit zu tun, ob ich Kinder haben will?

Ich habe übrigens mit jedem meiner Partner darüber von Anfang an gesprochen, dass ich keine Kinder haben will. Ich bin und war der Meinung, wenn ein Mann diesen Wunsch mit seiner Partnerin hegt, muss von Anfang an Klarheit herrschen. Ich hätte dann halt damit leben müssen, dass er mich deswegen verlässt. Aber das war für mich nicht mehr als ok und fair.

Nochmals einige Jahre später, ich war nun bereits über 30 Jahre alt, trug man mir zu, doch nun meinen Beitrag zur Gesellschaft zu leisten: Kinder kriegen ist da offenbar ganz oben auf der Liste, was frau so tun muss, damit sie ein vollwertiges Mit-Glied ist.

Hörst du nicht deine biologische Uhr ticken?“, war ein Satz, den ich damals besonders übel fand. Heute bin ich froh, dass ich 42 bin und mir solche Fragen mittlerweile erspart bleiben. Älterwerden ist eine tolle Sache.

Natürlich fragte ich mich, was denn nun mein Beitrag zum gesellschaftlichen Leben war, wo ich doch keine Kinder hatte und für andere offensichtlich etwas unnütz wirken mochte.

So entschied ich mich vor 12 Jahren, meine Mutter bis in den Tod zu begleiten. Das war definitiv kein Sonntagsspaziergang und auch nicht einfach nur „schön“. Aber es war rückblickend ok und eine gute Entscheidung. Die Auseinandersetzung mit dem Sterben und dem Tod war für mich vielleicht das, was andere das „Wunder des Lebens“ nennen mögen. Es stellt alles auf den Kopf und das ist gut so.

Auch dass ich mich danach um meine Omi kümmerte, die an Demenz erkrankte, war ein Schritt, der aus dem gleichen Verantwortungsbewusstsein heraus entstand. Hätte ich Kinder gehabt, wäre mir das wohl nicht einfach so möglich gewesen.

Ich glaube daran, dass alles im Leben seine Ordnung hat. Man weiss ja auch nie, was das Leben noch mit sich bringen wird.

Standard
Frauen, Sexualität

Hoch die Tassen!

Vor einigen Wochen regte ich mich darüber auf, dass die Migros grossartig Werbung auf Facebook für ihre neue Menstruationstasse „Me Luna“ macht, die man hier im ganzen Toggenburg aber leider nirgends in einem Laden anschauen und kaufen kann. Vom Social Media Team erhielt ich per Post eine Test-Tasse, die ich ausprobieren konnte. Nun ist es so, dass ich seit den frühen 90ern des letzten Jahrhunderts mit Frauenhygiene-Produkten sozialisiert wurde und diese Geschichte ist eine eher gruusige. Je nachdem, wo ich als Teenager lebte, bekam ich absolut furchtbar dicke Binden vorgesetzt, was für mich ein Albtraum war. Meine Omi meinte dann aber: „Sei froh, in den 40ern wars noch schlimmer.“ Binden – der grosse Ekelfaktor Für mich stand früh fest, dass sich Binden und mein Wunsch nach Bewegung nicht vertrugen. Ich stieg um auf Tampons. Es war auch sonnenklar, dass frau nicht über ihre Menstruation sprach. Schmerzen und Ängste waren eine Sache, die ich lange mit mir alleine ausmachte. Mittlerweile bin ich 41 und schaue auf eine bald 30jährige Menstruationskarriere zurück. Ich kann nicht verheimlichen, dass ich mich nun auf die Zeit freue, wo mein Körper nicht mehr jeden Monat blutet und schmerzt. Ich bin es müde, mir regelmässig Tampons zu kaufen und an meinen Monatsrhythmus, trotz App, zu denken. Welcher Tassen-Typ bist du? Vor Gebrauch gilt es, die Tasse auszukochen und die Hände zu desinfizieren. Jessica B. hat auf ihrer Seite einige gute Tipps. Wichtig ist unter anderem auch, die Packungsbeilage der Tasse zu lesen. Beispielsweise steht da geschrieben, dass die Tasse nicht vor Schwangerschaft schützt. Ähä. Das lege ich dann mal als Hinweis für die einfacheren Gemüter unter uns Frauen ab. Dementsprechend war ich gespannt auf die „Tasse“. Es galt zuerst zu entscheiden, welcher Tassen-Typ ich bin. Ich bin wie gesagt 41, habe nie ein Kind geboren, leide aber seit über 20 Jahren an schweren Krämpfen während der Menstruation. Über die Menge an Schmerzmitteln (und Ratschlägen) schweige ich mich aus. Gebrauchsanweisung lesen, auch wenns schwer fällt! Es empfiehlt sich, beim Ausleeren der Tasse ein Lavabo im WC zu haben. Andernfalls wird’s tatsächlich etwas gruselig und Stephen Kings Carrie lässt grüssen. Auch ist frau beim Gebrauch und Waschen ihrer Tasse mit den eigenen Körperflüssigkeiten konfrontiert. Je nach seelischer Konstitution heisst es da Auseinandersetzung mit dem eigenen Ekelgefühl, was sich aber bestimmt schnell legen wird. Wirklich positiv empfinde ich persönlich die Wirkung auf meinen Körper. Trotz Blutung brauchte ich kein Schmerzmittel. Das ist für mich eine wirklich krasse Erfahrung, weil ich Menstruation und starke Schmerzen praktisch als Synonym brauchte. Der Unterdruck, den die Tasse auf die Gebärmutter ausübt, wirkt hier wahre Wunder. Mein Fazit Mit 19.80 ist die Tasse nicht ganz billig, der Preis ist aber im Vergleich zum Müll und den Kosten für überteuerte Hygieneprodukte, die frau sonst während ihrer Tage produziert, ok. Die Verwendung der Tasse ist unkompliziert. Wünschenswert wäre nun, dass die Migros ihre Tassen auch im hinterletzten Kaff ins Damenhygiene-Regal stellt. Die Umwelt und wir von Blutungen und schlechter Laune geplagten Frauen sagen herzlich danke!!
Standard
Bücher für kluge Menschen

Ab ins Bett, sonst stirbt ein Einhorn

Noch selten habe ich ein Buch gelesen, bei dem ich schon auf Seite 13 dachte: Ach du meine Güte, was ist das denn für ein Bullshit? „Ab ins Bett, sonst stirbt ein Einhorn“ ist ein Lesespass der besonderen Art.

Tapfer las ich weiter, für Sie lieber Leser, bis Seite 41. Dann legte ich dieses Machwerk deutscher Erziehungskunst (Autoren Johannes Hayers und Mia L. Meier) zur Seite. Mir war übel und ich musste mich entscheiden, ob ich jetzt weiterlese und für mein Seelenheil einen Moijto benötige, oder aber aufhöre und das Buch ins Altpapier schmeisse.

Zugegeben, zuerst hielt ich „Ab ins Bett, sonst stirbt ein Einhorn“ für eines dieser wirklich witzigen deutschen Taschenbücher, die man liest und einfach mag, weils so herrlich subversiv ist. „Neue, nicht ganz legale Erziehungstricks“ ist eines der Verkaufsargumente dieses Buchs und ich muss sagen, das trifft es nicht ganz.

Auf den ersten Seiten schaute ich diese „Tricks“ als Satire an, im Glauben, das hier alles nicht ganz ernst gemeint ist. Spätestens auf Seite 24, wo sich die Autoren über Traumata lustig machen, verging mir das ohnehin schon schwach vorhandene Lächeln. Aber hey, das hier läuft alles unter dem Motto „Parodie“. Da muss frau durch.

20180922_181853.jpg

Wer dieses Buch liest, mag sich fragen, mit welchen Problemen sich Eltern von heute rumschlagen müssen. Da ist von ewig tobenden, quengelnden, verwöhnten Kindern zu lesen, die man nur durch Lügen und Angst machen klein kriegen kann. Mami und Papi lassen sich von diesen halbwüchsigen Tyrannen auf dem Grind herumtanzen und wundern sich dann, dass diese auf erwachsene Argumente so gar nicht positiv reagieren.

Im Schlusswort heisst es schliesslich „Wie sein erfolgreicher Vorgänger ist auch dieses Buch kein ganz seriöser Ratgeber, sondern eine liebevolle Bitte: „Nehmen Sie ihr Kind mal wieder auf den Arm.“ Diese Botschaft verpasst dieses Buch. Ich halte es in diesem Fall mit Herbert Feuerstein, der sagt: „Ein Buch, das in keinem Haushalt fehlen darf, wo ein Tischbein zu kurz ist.“

„Ab ins Bett, sonst stirbt ein Einhorn“ eignet sich übrigens als perfektes Geschenk für Arschloch-Eltern in Ihrem persönlichen Umfeld. Wenn Sie ein solches Paar kennen, das Sie mit ihren schlecht erzogenen Blagen nervt, liegen Sie mit dieser literarischen Scheusslichkeit genau richtig.

 

Ab ins Bett, sonst stirbt ein Einhorn
Autoren: Johannes Hayers
Mia L. Meier
Rowohlt Verlag
ISBN 978-3-499-63368-3

978-3-499-63368-3.jpg

Standard
Kochen für Menschen mit Menstruationshintergrund oder in der Menopause

Schoggi-Tassli

Zutaten
ergibt 6-8 Portionen

80gr dunkle Schokolade mit mindestens 60% Kakaoanteil
100g Milchschokolade
1,5dl Doppelrahm
1dl Milch
eine halbe Vanilleschote oder Vanillemark
1 Ei

Zubereitung:
Schokolade grob hacken und eine Schüssel geben

Doopelrahm und Milch in eine Pfanne geben, Vanilleschote oder Mark dazu geben. Langsam aufkochen, dann über die gehackte Schokolade giessen. 1 Minute warten, dann mit Handrührgerät 20 Sekunden durchrühren. Ei hinzufügen und weitere 45 Sekunden schlagen.

Crème in Espressotassen abfüllen, Töpfchen kühl stellen. 20 Minuten vor dem Servieren aus dem Kühlschrank nehmen, damit sich die Aromen entfalten können.

Viel Spass beim Zubereiten!

img_20180603_011733_831982366437.jpg

Standard
Feminismus, Frauen, Männer, Sexualität

Weibliche Angewohnheiten. Oder eine Bauchnabelschau.

Mit sehr viel Schmunzeln las ich heute abend diesen Text, den ich via Twitter gefunden habe.
Wir erfahren in diesem Artikel, wie die Therapeutin Marcey Rizzetta fünf „Dinge“ enthüllt, die jede Ehe ruinieren. Marcey erwähnt dabei aber nur die „weiblichen“ Angewohnheiten oder Unsitten.

1. Alle Versuche, den Ehemann umzumodeln
Sie beschreibt, dass fast jede Frau den Drang dazu verspürt, ihren Mann zu verändern. Dieses Verlangen, einen anderen Menschen zu verändern, ist jedoch keine weibliche Angelegenheit. Es ist, je nach Disposition in jedem Menschen vorhanden und es lohnt sich sehr, dem nachzugehen. Schlussendlich bedeutet dieser Drang nichts anderes als die Botschaft ans Gegenüber: „Du bist nicht ok.“ Spannend wäre es vielleicht für einen Menschen, der seinen geliebten Menschen verändern will, herauszufinden, was es genau ist, was ihm nicht passt. Veränderung fängt übrigens immer bei sich selber an, nicht beim anderen.

2. Kontrollsucht
Hier beschreibt Marcey Rizzetta, dass sie ihren Mann kontrolliert hat, was ihn erst recht dazu gebracht hätte, heimlich und hinter ihrem Rücken „verbotene Dinge“ zu tun. Dann schreibt sie „wenn eine Frau ihrem Mann grundsätzlich nicht vertraut, wird ihre Kontrollsucht dieses Problem nicht lösen können“.
Man mag auch hier über ihre Haltung schmunzeln und denken, dass dieses Muster weiss Gott keine „weibliche“ Angelegenheit ist. Ihre „Kontrollsucht“ hängt wahrscheinlich doch sehr viel mit ihren eigenen Mustern aus Kindheitserfahrungen zusammen. Vielleicht haben sich in dieser Ehe doch die „Richtigen“ gefunden und es hätte sich vielleicht gelohnt, gemeinsam der Sache auf den Grund zu gehen. Das führt uns zu Punkt drei.

3. Die Sex-Waffe
„Geben wir es zu: Männer wollen es immer!“ Ich musste beim Lesen dieser Zeilen an David Schnarchs wunderbares Buch „Die Psychologie sexueller Leidenschaft“ denken und fragte mich, ob sich Marcey je damit befasst hat. Wenn zwei Menschen über längere Zeit zusammen sind, ist es ganz normal, dass das Verlangen nachlässt. Schnarch macht hierzu in seinen Büchern aber Mut, aufeinander zuzugehen und die Beziehung nicht einfach aufzugeben.
Und Oscar Wilde schrieb einst: „Man sollte immer verliebt sein. Aus diesem Grunde sollte man nie heiraten.“

4. sich gehen lassen
Ganz im Ernst, ich kenne keine Frau, die Job und Familie wuppt, und sich einfach „gehen“ lässt. Dazu hat sie nämlich gar keine Zeit. Die Fixierung auf gutes Aussehen rührt bei Rizzetta wohl auf ein niedriges Selbstwertgefühl, was wahrscheinlich einen Partner eher irritiert, als der nicht mehr ganz so straffe/dünne/junge Körper.

5. Streit mit seiner Familie
Die Grundfrage ist doch eher: Wenn man jemanden heiratet, gehört man dann automatisch in die andere Familie? Oder ist es nicht so, dass man sich oft einfach anpasst, ohne „das Fremde“ gut zu finden? Ich persönlich finde Streit mit der Familie des Partners eine üble Sache. Aber manchmal ist es vielleicht unausweichlich. Wie bei vielen Angelegenheiten des Lebens macht es Sinn, sich Gesprächspartner ausserhalb der intimen Beziehung zu holen, um so das soziale System nicht unnötig zu belasten. Selbstverantwortung galore!

Fazit:
Beim Lesen dieses Texts bekam ich Lust, mal wieder in David Schnarchs Büchern zu schmökern. Er schreibt so wertschätzend und lustvoll über seine verschiedenen Klienten, die er schon begleitet hat, dass es einfach nur Freude macht.

P.S. Richard David Precht findet David Schnarch nicht so toll. Ein Grund mehr für mich, RDP nicht toll zu finden…

Bildschirmfoto 2018-03-24 um 17.32.27

Standard
Frauen, Männer, Medien, Politik

Vom Umgang in den sozialen Medien in Zeiten von #nobillag

Wer sich in den „Sozialen Medien“ bewegt, braucht ein dickes Fell oder aber sehr viel Glauben an das Gute im Menschen. Ich persönlich glaube an den Mute-Knopf und, im schlimmsten Fall, ans „Blockieren“.

Ich bewege mich seit 2001 im Internet und auf sozialen Plattformen. Twitter war und ist dabei meine liebste. Hier treffe ich seit Jahren täglich Freunde, Bekannte und Gleichgesinnte, nehme an ihrem Leben teil und informiere mich über das aktuelle Tagesgeschehen. Ich schätze hierbei den Kontakt zu Menschen, die ich ohne Twitter nie getroffen hätte. Wer den Mut hat, seine Filterblase zu vergrössern, wird es nicht bereuen.

Die Schweizer Twittersphäre ist überschaubar. Hier kennt fast jeder jeden.
Umso härter tobt die verbale Schlacht im Vorfeld der Abstimmung über die #nobillag-Initiative. Mit einem Mal scheint die Twitter-Schweiz in ein Ja- und in ein Nein-Lager geteilt. Dazwischen gibt es praktisch nichts und keinen.

Ich bloggte mehrere Jahre lang auf meinen Fernsehblog tvreal.ch über das SRF, oft auch ausgesprochen kritisch, und habe dabei einige sehr nette Menschen kennengelernt. Bereits damals habe ich mich immer wieder über die abgehobene Haltung gegenüber den Kunden geärgert. Dass SRF beispielsweise das Publikum für zu doof für die wunderbare Serie „Mad Men“ hielt, fand ich einfach nur arrogant und für mich total unverständlich. Damals begann ich, „meine“ Serien auf anderen Kanälen zu konsumieren.

Don’t share.
Ich teilte in den letzten Monaten viele informative Links und wurde deswegen von anderen Twittern mehr oder weniger freundlich angegangen. Mitarbeitende von SRF fragten mich öffentlich und privat, konfrontierten mich mit Sätzen wie: „Schade, dass du auf einmal so verbittert bist“ oder „Aber du warst doch immer so ein grosser Fan von SRF?“ oder „Wie kannst du jetzt nur für #nobillag sein?“

Ich eigne mich schlecht zum Fangirl. Und als verbittert würde ich mich ganz bestimmt nicht bezeichnen. Getroffen haben mich solche sorglos hingeworfenen Worte trotzdem. Ich empfinde diese Art von sozialem Druck als ziemlich unhöflich.

Die Begeisterung ist längst versiegt.
Begeistert bin ich von all den Sendern der SRG SSR schon lange nicht mehr. Aber die durchaus vorhandene Sympathie für die Mitarbeitenden der SRG reicht für mich nicht als Entscheidungsgrundlage in dieser Abstimmung aus. Ich empfinde die Billag-Gebühren als viel zu hoch und möchte gerne selber entscheiden, wofür ich diese (für mich) beachtliche Summe ausgebe. Ich bekomme mit, dass es vielen Gleichaltrigen in meinem Berufsfeld ähnlich geht. Dass jeder diese Gebühren in gleicher Höhe für Angebote bezahlen muss, die sie oder er nicht gar nicht konsumiert, empfinde ich als ungerecht. Dass #nobillag-Befürworter wegen dieser Haltung gleich in die demokratiefeindliche Ecke abgeschoben werden, finde ich im höchsten Masse befremdlich.

„Solidarität“ auf Kosten Armer. Well done!
Stellen Sie sich vor, sogar Demenzkranke bezahlen Billag:. Solange sie in den eigenen vier Wänden leben, selbst wenn sie nicht einmal mehr wissen, was ein TV oder ein Radiogerät ist, geschweige denn ein solches Gerät bedienen können, sind sie billagpflichtig. Als Empfänger von Ergänzungsleistungen könnten sie sich befreien lassen. Aber die Betroffenen müssen selbst aktiv werden oder aber auf einen kompetenten Beistand hoffen, der weiss, dass eine Befreiung möglich wäre. Zwischen Spitex- und Pflegekostenabrechnungen geht die Billagrechnung aber oft unter. Diese Gruppe von Menschen hat keine Lobby. Hauptsache, die Kohle fliesst. 451.- Stutz sind ja nicht die Welt.

Don’t discuss!
Meine Sichtweise brachte ich in einer Diskussion mit SRF Eco-Moderator Reto Lipp ein, der mir dann auch rasch vorwarf, ich würde Demenzkranke für die Abstimmung instrumentalisieren. Die darauf folgende Diskussion zeigte mir rasch auf, dass sachliches Diskutieren nicht immer die Sache der Initiativ-Gegner ist. Also liess ich es bleiben.

Beschimpfungen von allen Seiten
Der Ton im Netz hat sich in den letzten Monaten vor der Abstimmung verschärft. Initiativ-Befürworter werden regelmässig von den Gegnern als Staatsfeinde, Populisten, rechte Hohlbirnen und libertäre Hetzer beschimpft. Umgekehrt unterstellen viele den Gegnern kommunistische oder gar stalinistische Tendenzen oder einfach nur eine ungesunde Staatshörigkeit. Aber mein Eindruck ist, dass die Befürworter der Initiative häufiger und stärker unter der Gürtellinie angegangen werden. Man zeigt sich in den sozialen Medien #nobillag gegenüber nur schon aufgeschlossen und hält die Initiative für bedenkenswert? Dann ist man Sektierer, krank, vaterlandsloser Gesell, brandgefährliche Zecke oder libertärer Fanatiker und darf dementsprechend angepöbelt werden.

Wer sind die Hater?
Der durchschnittliche Hater scheint über vierzig und männlich zu sein. Ich vermute „frustriert“ ist ebenfalls ein weiteres Attribut dieser Spezies. Beim Lesen verschiedenster Online-Kommentare taucht bei mir der Verdacht auf, dass diese Männer mittleren Alters aus allen politischen Lagern stammen. Hass auf andere und ein tiefes Selbstwertgefühl scheinen kein Parteibuch zu haben.
All diesen Männer gemein ist die Wut, wenn nicht gar ein Hass auf Frauen. Sie lassen ihren aufgestauten Frust in Kommentarspalten, in Threads, via private Nachrichten oder aber in anonymen Schreiben vorwiegend an weiblichen Usern aus.

Bei der #nobillag-Abstimmung ist das nicht anders. Wer sich öffentlich, und das sind Twitter und Facebook nun mal, zu Wort meldet, muss damit rechnen und leben, dass er beschimpft, angegriffen, beleidigt und verbal verletzt wird. Auch ich wurde per PN mehr oder weniger freundlich gebeten, endlich zu #nobillag zu schweigen. Ich wurde und werde beschimpft und angegriffen. Ist das der Preis der Meinungsfreiheit in der Schweiz?

War früher alles besser?
Kaum. Es ist ja nicht erst seit wenigen Jahren so, dass Abstimmungen unser Land geteilt haben. Ich nehme an, dass dieser Hass bereits bei den Frauenwahlrecht-Abstimmungen zu spüren war. Schon damals werden sich gerade Männer wüste Schlötterlig an den Kopf geschmissen haben. Aber wissen Sie was? Jemanden am Stammtisch direkt „Schofseckel“ zu nennen hat dann doch eine andere Qualität, als anonym wildfremden Leuten zu schreiben: „Halt die Fresse!“ Eine konstruktive Diskussion ist mit solchen Menschen nicht möglich. Haters gonna hate.

Standard
Politik

Von bigotten Klugscheissern

Ehrlich gesagt sind mir Menschen, die offen dazu stehen, dass sie keine behinderten Menschen mögen, lieber als die anderen.

„Die anderen?“ fragst du vielleicht.
Ja, genau die. Ich habe Mühe mit Menschen, die vordergründig so tun, als würden sie am liebsten jeden Rollstuhlfahrer oder Mensch mit Trisomie 21 sofort adoptieren. Das sind die Menschen, die sich dann aber aufregen, wenn Behinderte in der Brienzer Rothornbahn vor ihnen einsteigen dürfen.

Menschen, die auf dem Badiparkplatz ihren bekackten SUV so hinter einen Behindertenbus platzieren, dass die BetreuerInnen nicht mal mehr die Rampe ausklappen können.

Das sind jene Menschen, die vor Rührung fast in die Hose machen, wenn sie einen Menschen mit schwerer kognitiver Behinderung sehen, ihm grossherzig ein Käffeli im Café bezahlen, sich total geil dabei fühlen und fünf Minuten später über faule IV-Rentner schimpfen.

Das sind jene Menschen, die andere Menschen als „Autisten“ betiteln, weil das Wort grad in aller Munde ist und sie deshalb als total wortgewandt rüberkommen.

Und es sind jene Menschen, bei denen jeder zweite Satz mit „Ich bin ja total für Inklusion, aber…“ anfängt, die aber nicht mal wissen, wie man dieses Wort richtig schreibt, geschweige denn lebt.

Das sind Menschen, die Pflegende bemitleiden, dass man/frau mit behinderten Menschen arbeiten „muss“. Der Satz „ich könnte das nie“ liegt den meisten auf der Zunge. Damit ist aber nicht etwa Respekt gemeint, sondern Abscheu.

Ich weiss nicht, wie man diese Art von Menschen nennen soll. Sie sind verlogen, bigott, anstrengend und unsensibel. Der ausgelutschte Begriff „Arschloch“ triffts wohl am besten. Aber wir wollen hier ja nicht gruusig reden.

Wirklich mühsam und anstrengend ist das Auskommen mit diesen Menschen, die keine Ahnung haben, sich aber als Kapazitäten im Umgang mit Menschen mit einer Behinderung fühlen, weil sie mal eine Reality-TV-Sendung bis zum bitteren Ende geschaut haben oder aber „Rainman“ in der Sammler-Edition besitzen.

Das sind Menschen, die keine Haltung, aber zu allem eine Meinung haben und die Behinderte nicht als gleichwertige Menschen anschauen.

Und? Zu welchen zählst du dich?

Standard
Feminismus, Frauen, Männer, Medien, Sexismus

Die einzig wahre Mutter

Manchmal frage ich mich schon, was in gewisse „Journalisten“ gefahren ist, dass sie solche Fragen stellen wie Michèle Binswanger sie in ihrem Text über Steffi Buchli beschreibt. Kriegt man im Journalistik-Studium „abschätziges Fragen“ geprüft? Gibts da extra Lehrmittel dafür, wie man(n) einer Frau Scheiss-Fragen stellt?

Ich weiss natürlich schon, dass der Blick für gewisse Menschen in diesem Land eine Art helveto-feministisches Kampfblatt mit bunten Bildern darstellt. Schwangerschaftspfunde sind ja schliesslich auch ein Thema, das Gross und Klein interessiert, gleich neben Bauchstraffungen und Vaginalkorrekturen. Ich frage mich, warum Blick-Journalisten frisch gebackene Vater nie ähnlich geistreich Dinge wie diese hier fragen: „Sagen Sie, tut Ihnen der Penis immer noch weh von der Fickerei mit Ihrer Frau?“ oder „Haben Sie sich bei der Geburt übergeben? Sie sind doch sonst so sensibel?“ Nee, sowas würde man(n) aus lauter Anstand ne fragen.

Ein weiteres Mysterium in der heutigen Zeit sind die Kommentarspalten gewisser Zeitungen. Man könnte meinen, die Autorinnen jener hasserfüllten Statements gegen Steffi Buchli seien Anwärterinnen für die Verleihung des Mutterordens.

Was treibt Frauen (Mütter!) dazu, über einen fremden Menschen so zu urteilen? Steckt da die unterschwellige Angst dahinter, selber eine schlechte Mutter zu sein, weil frau die eigenen Bedürfnisse eventuell doch ernst nimmt? Hat jemals ein Kerl zu seiner Frau nach so einem Kommentar gesagt: „Wow, Cindy, du bist die beste Mutter von allen und du kannst auch noch lesen und schreiben! Ich mach dir gleich noch ein Kind!“
Wohl eher nicht.

Also, Schwestern: warum macht ihr das?

Standard
Feminismus, Frauen

Mutter auf Zeit

Natürlich wurde ich oftmals in jüngeren Jahren gefragt, warum ich keine Kinder will. Die Antworten meinerseits waren ganz klar: ich will nicht. Punkt.
Spätestens als meine Mutter im Sterben lag und nebenbei, so ganz nebenbei, bemerkte: „Enkel wären jetzt schon noch toll“ konnte ich der Frage emotional nicht mehr ausweichen.

Wenn ich in meiner Familie herumschaue, so habe ich nie Vollblut-Mütter erlebt. Meine Mutter lebte ihr Muttersein nicht gluckenhaft aus. An ihrem Beispiel, sie verlor meinen Bruder und noch weitere Kinder, lernte ich früh, dass Muttersein im Real Life etwas anders läuft als in der Frühstücksflocken-Werbung.

Meine Mutter weinte sehr oft. Es hat mir fast das Herz zerbrochen. Ich erinnere mich an eine Szene, wo sie in jenem dunkelgrün gekachelten Bad auf dem Klo sass und gottsjämmerlich weinte. Ich war noch sehr klein. Kurz zuvor war mein Bruder verstorben. Sie wollte nicht vor mir weinen, sondern zog sich zurück. Ich reichte ihr einen Bodenlappen und sagte: „Mami, du rägnisch.“

Ich habe mich gegen Kinder entschieden und dies auch jedem Mann, mit dem ich bisher zusammen war, ganz offen gesagt. Für mich waren und sind menschliche Beziehungen essentiell. Ich mag es, befreundet zu sein, Menschen zu umsorgen, zu kochen oder zu chatten. Aber irgendwas in mir mag sich nicht vollends in eine Beziehung zu einem anderen Menschen hingeben. So empfinde ich Mutterschaft nämlich. Die Monate der Schwangerschaft, die Geburt, das Miterleben von Grösser- und Erwachsenwerden eines Kindes, mag ich nicht auf mich nehmen. Nennen Sie mich ruhig feige.

Stattdessen nahm etwas anderes als Mutterschaft in meinem Leben Platz.
Ich arbeite in der Betreuung von Menschen mit einer Behinderung. Das bedeutet, dass ich während einer gewissen Phase ihres Lebens Menschen begleite. Diese Arbeit füllt mich aus. Ich fühle mich hier aber nicht als „Mutter“. Es ist viel eher eine ganzheitliche Aufgabe, weil ich auch mit der Familie eines betreuten Menschen arbeite und spreche.

Als die Demenzerkrankung meiner Oma fortschritt, sprach sie mich oft als ihre Mutter Berta an. Berta war eine rundliche Frau mit lieben Gesicht, wahrscheinlich langen weissen Haaren, die sie zu einem Dutt zusammen band. Ich besitze tatsächlich Bertas weiche Gesichtszüge.

Beziehungen, die absehbar sind, mag ich. Irgendwie. Die Beziehung zwischen Omi und mir ist so gestaltet. Wir wussten immer, dass sie irgendwann vor mir geht. Aber tut der Intensität und der Qualität unserer Beziehung nie einen Abbruch. Ich habe keinen Anspruch auf einen anderen Menschen.

Bis heute habe ich es nie bereut, dass ich keine Kinder habe. Aber ich habe auch kein Problem, mich als „kinderlose Frau“ zu bezeichnen, weil ich weiss, dass meine Beziehungen zu anderen Menschen wertvoll und nicht untereinander zu vergleichen sind.

Standard
Feminismus, Frauen, Männer, Sexualität

Darum teste, wer sich vermehren mag

Liebe Mit-Frauen!

Wer unbedingt Kinder haben will, sollte, falls möglich, seinen Partner im Vorfeld testen, ob er wirklich den gewünschten Anforderungen genügt. Dies lässt sich leicht überprüfen.

1. Mag der zukünftige Vater deiner Kinder überhaupt Kinder? Falls du kein Kind zur Hand hast, kannst du zur Not auch den Kontakt zu deinem geliebten Haustier untersuchen. Wenn er mit dem Lebewesen nett umgeht, kann er auch kein schlechter Mensch sein.

2. Check seine Familie: Wie ist er aufgewachsen? Wie wurde er von seiner Familie behandelt? Und: wichtig für dich: wie geht er mit Frauen um?

3. Wie denkt er überhaupt über die Zukunft? Wenn er Dinge sagt wie: „Ich will mit dir einfach das Leben geniessen“ ist er ziemlich sicher nett und super, aber (noch) kein Vater-Typ. Vielleicht solltest du dann wirklich einfach „nur“ das Leben geniessen mit ihm.

4. Hilft er im Haushalt mit? Oder lässt er alles dich machen? Falls du die treibende Kraft bist, kannst du darauf vertrauen, dass er auch während (d)einer Schwangerschaft weiterhin das süsse Nichtstun pflegt und zusieht, wie du dich abmühst.

5. Arbeitet er gerne? Oder ist er ein fauler Sack? Oder noch schlimmer: ein Workoholic?? In diesem Fall kann ich dir nur raten, dass du dich sofort vom Acker machst.

6. Wenn er sein Einkommen versäuft, verhurt oder verspielt, solltest du die Finger von ihm lassen. Bad Boys sind wirklich nur dann cool, wenn sie von Alan Rickman gespielt werden. Und der ist tot.

7. Ist er verspielt? Liebt er Gesellschaftsspiele, Games, Mannschaftssport? Falls ja, ist das eine gute Vorausssetzung für Vaterschaft. Halt ihn dir warm. Und trag dir sofort den 14. März in deine Agenda ein.

8. Begleitet er dich an deine Familienanlässe und interessiert sich für deine Oma/deine Tanten usw. Und: kann er über deine Familie herzlich lachen?

9. Macht er schlechte Witze über lottrige Bäuche und hängende Brüste? Dann ist er wohl nicht für die Rolle „Vater“ und erst recht nicht als „Mann“ geeignet.

10. Setz dich damit auseinander, dass eure Leben sich irgendwann trennen. That’s life.

11. Magst du diesen Mann? Erträgst du den Typen überhaupt für die nächsten, sagen wir, zwanzig Jahre? Oder gehen dir seine Witze jetzt schon auf die Nerven?

 

 

 

Liebe Mit-Männer

ersetzt obenstehenden Text einfach mit Frau bzw. den betreffenden Geschlechtsorganen und fertig ist die Chose.

Und Bier. Das hilft immer.

Best wishes,
zora

Standard