Frauen

Schulhofdenken

Ich war gerade mal dreizehn Jahre alt, als ich in der Sekundarschule H., notabene tiefste thurgauische Provinz, mein Zwischenzeugnis bekam. Die Worte darin werde ich nie vergessen, denn sie haben mich nachhaltig geprägt:

„Z. sollte darauf achten, mit wem sie sich in den Pausen abgibt.“

Diese Bewertung zielte darauf ab, dass ich mich trotz sekundarschulischer Angehörigkeit trotzdem mit Realschülern in der Pause zur traditionellen Runde traf. Mein Klassenlehrer, ein sehr un-verständiger, nicht wirklich toleranter, SVPler, fand es ungut, dass ich mich mit Menschen abgab, die seines Erachtens weniger intelligent waren als ich. Es werfe einen schlechten Schatten auf meine Schulleistungen.

Dass ich mit diesen Jungs fünf Jahre lang die Schulbank gedrückt hatte, Nielen geraucht und sie mir mehr als einmal aus persönlichen Nöten geholfen hatten, spielte nun keine Rolle mehr. Ich sollte mich trennen, weil diese mir ans Herz gewachsenen Menschen offensichtlich nicht gut genug für mich waren.

Es verletzte mich. Ich bin ein loyaler Mensch.
Mein Vater redete mir gut zu.
„Du willst doch nicht dein Weiterkommen behindern? Nur wegen einigen Jungs aus dem Dorf?“
Ich fühlte mich beobachtet. Der Lehrer drehte seine Runden. Seinen Gesichtsausdruck kannte ich. Nicht gut.

So kapselte ich mich ab. Wehrte die Freundschaft jener Menschen ab, die ich mochte. Ich vergrub mich in den Pausen in Bücher. Archäologie. Ägypten. Mumien. So fühlte ich mich.

Meine Zeugnisse wurden nicht besser. Die Berichte über mein soziales Verhalten lesen sich wie eine Satire.

„hat Mühe, sich anzupassen“

„geht zu oft eigene Wege“.

Ja. Das tue ich noch heute.
Ich mag mir von gar niemandem vorschreiben lassen, mit wem ich mich umgebe. Lieber bleibe ich alleine, als mich gegen Menschen zu stellen, die ich mag. Punkt.

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2 Gedanken zu “Schulhofdenken

  1. Ich bin doch etwas erschrocken Ich dachte, solches Denken sei schon zu meiner Zeit vorbei gewesen, also in den frühen 70-ern. Oder Biel war schon immer etwas anders.

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