Frauen, Männer, Medien, Politik

Übers anonyme Bedrohen und Beleidigen

Gestern war einer jener Tage, an denen ich nur ein Mü‘ davon entfernt war, meine Accounts zu löschen und einfach so zu verschwinden.

Ein Phänomen, dem ich immer wieder begegne in letzter Zeit, ist das Beschimpfen und Bedrohen. Man hat mir geraten, Anzeigen bei der Polizei zu machen. Ich denke, es ist eine sinnlose Geschichte.

Während die konservativen Kräfte in der Schweiz die Meinungsfreiheit und ihr Recht auf Diskriminierung anderer hoch halten, ist es im Netz schon längstens Realität. Die Anonymität gibt dir schliesslich immer recht.

Im Rahmen der #mei-Abstimmung, in der ich mich offen zu einem Nein bekannt habe, wurde mir bewusst, wie die Kräfte wirklich spielen.

Nach der Abstimmung bekam ich vereinzelte Tweets, in denen man mir noch mehr oder weniger freundlich die „Ausreise“ aus der Schweiz empfahl. Menschen, die neben ihrem Hass noch ein wenig Stil besassen, wünschten mir einen Koffer, die weniger netten lediglich einen gepackten Rucksack.

Einige Tage später wurden Rückmeldungen etwas heftiger. Eine Reise ins KZ unter die Vergasungsdusche war ein Wunsch an mich, dem ich leider nicht nachkommen konnte. Ein anderer wünschte sich, man würde einer wie mir das Gesicht wegschiessen. Offenbar hatte dieser gerade eine Doku über Verletzungen im Ersten Weltkrieg gesehen und/oder mochte meine Wangenknochen nicht leiden.

Ich bin keine öffentliche Person, trotzdem beschimpft „man“ mich in Mails oder Tweets als „linke, abartige, geistig längst weggetretene Stinkf****“. Vor Weihnachten hat mir einer gewünscht, man möge mich doch bitte schnell vergewaltigen. Den Tweet hat er sehr schnell wieder gelöscht. Man(n) macht ja ganze Arbeit.

Natürlich kann ich jetzt mit all den Mails zur Polizei gehen. Aber ich glaube nicht, dass sich was dran ändert. Es kriegt keiner in diesem Land eine Strafe, weil er anderen was wünscht.

Offenbar sind die diejenigen, die die Meinungsfreiheit so hoch halten, die gleichen, die anonym andere Mitbürger bedrohen. Von wirklicher Männlichkeit zeugt das nicht.

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6 Gedanken zu “Übers anonyme Bedrohen und Beleidigen

  1. Liebe Zora

    Mach weiter!

    Unser Hass den könnt ihr haben unser Lachen kriegt ihr nie!

    Ich mag Dich, deine authentischen Ansichten und deine fadengerade Worte.

    You never walk alone!

    En Tsürcher

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  2. Lovey Wymann, www.Schreib-Lounge.ch schreibt:

    Ich finde es schrecklich, dass solche Typen sich immer auf die Meinungsfreiheit berufen – dabei aber anonym bleiben. Eine Meinung ohne erkennbaren Absender ist keine Meinung, das ist Mobbing!

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  3. Aufhören wäre der falsche Weg gewesen, liebe Zora. Es gibt noch etliche andere Leute, die auch anonym diffamiert werden, egal, wo sie politisch stehen und wofür sie sich einsetzen.

    Dranbleiben, ohne zynisch zu werden – mein Ratschlag, in deinem Fall gleichsam meine Hoffnung.

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  4. Es gibt eben leider immer mehr Leute, für die Meinungs- und Redefreiheit nur tür sich einfordern, weil sie der irrwitzigen Meinung sind, die alleinseligmachende Wahrheit für sich gepachtet zu haben.

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  5. Nica schreibt:

    Liebe Zora
    Als eine, die sich, genau aus Angst vor solchen Beleidigungen, nicht getraut, ihre Meinung öffentlich zu sagen, möchte ich mich ganz herzlich für deinen Mut, deine Offenheit und deine Worte bedanken. Gerne würde ich die Leute (also auch dich), die es wagen und an die Öffentlichkeit treten mit meiner Meinung unterstützen, leider wage ich es nicht. Deshalb:
    Danke, vielen herzlichen Dank liebe Zora, dass du sagst und schreibst, was ich mich nicht getraue auszusprechen.

    Nica

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