Feminismus, Frauen, Männer, Politik

Sei wohlhabend und vermehre dich, #hueresiech

Ich ärgere mich in den letzten Wochen vermehrt über die Argumente der Familieninitiative-Befürworter. Die Diskussion zu diesem Thema ist jedoch längst abgedriftet in einen Streit zwischen Kinderlosen und Familien, Steuerzahlern und/oder Subventionsempfängern.

Ich möchte zuerst meine Meinung als Feministin darlegen:
Ich bin der Meinung, dass jede Frau selber und frei entscheiden sollte, ob sie Kinder kriegt oder nicht und ob sie nach der Schwangerschaft einen bezahlten Job annimmt oder nicht. Keiner, vor allem nicht als Mann, hat das Recht, eine Frau zu verurteilen, die entweder Erwerbsleben oder aber Familienleben wählt.

Soweit so gut. Leider sieht die Realität etwas anders aus.

In meinem persönlichen Umfeld zähle ich einige junge Familien. In jedem dieser Fälle hatten die beiden Partner keine andere Wahl, als arbeiten zu gehen und ihre Kinder von Verwandten oder aber im Kinderhort betreuen zu lassen.

Das liegt an folgenden Punkten: Die Väter und Mütter waren anfangs 20, als sie ihre Familien gegründet haben. In diesem Alter hatten sie keinen Einzel-Lohn, von dem sie sich hätten leisten können, dass einer von beiden zuhause bleibt und für die Kinder sorgt. Die Mieten, die Lebenshaltungskosten sowie die Krankenkassenprämien sind in den letzten Jahren auch hier im Thurgau enorm gestiegen, die Löhne jedoch nicht.

In der heutigen Zeit ist es ein Luxus, wenn Vater oder Mutter zuhause bleiben können. Diesen Luxus können sich nur jene leisten, die finanziell bereits gut dastehen. Aus diesem Grund wurden einst steuerliche Vergünstigungen für berufstätige Eltern überhaupt erst eingeführt, um diese Ungerechtigkeit zu beseitigen.

Was die SVP jetzt unbedingt durchstieren will, ist meines Erachtens lächerlich und vor allem total widerläufig zu dem, was die Exponenten sonst so verzapfen:

War vor einigen Monaten für die SVP Familie noch Privatsache (wir erinnern uns an die „Staatskinder“-Kampagne gegen die finanzielle Förderung von Kinderhorten) und vor allem die Tätigkeit der Frauen zuhause nicht der Rede wert, sieht jetzt alles anders aus. Die braven Frauen, die zuhause wirken und die Familie pflegen, sind plötzlich politisches Zugpferd für die konservative Partei. Das wundert einen, denn gerade die weiblichen Exponentinnen der Partei stechen ja nicht gerade als Heimchen am Herd hervor, sondern positionieren sich als knallharte Geschäftsfrauen.

Ungerechtigkeit wird angeprangert. Doch die Ungerechtigkeit findet an einem ganz anderen Ort statt. Da wird geschossen auf alles was kostet. Hier darf die Familie plötzlich „wieder etwas wert“ sein. Natürlich wird dies laut herausprelaget. Schliesslich ist die nächste Wahl in Sichtweise und das Sich-Einschleimen bei den Bürgern, die ohnehin für doof gehalten werden, ist gross angesagt. Wer kann schon etwas gegen Familien und Kinder sagen?

Ich habe keine Kinder. Aber ich habe auch keine besonders grosse Lust, mit meiner Erwerbsarbeit und dem Lohn, den ich mir verdiene, Leute zu unterstützen, die offensichtlich auch ohne meine Unterstützung genügend haben – sonst könnten sie sich die Ein-Einkommen-Ernährerei gar nicht leisten. Ich bin nicht die einzige. Es geht vielen so.

Darum ein klares und lautes NEIN zur Familieninitiative der SVP.

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2 Gedanken zu “Sei wohlhabend und vermehre dich, #hueresiech

  1. Pingback: Angry Sascha is angry.» Blog Archive » Eidgenössische Volksabstimmung vom 24. November 2013: Von Steuerabzügen auf nicht vorhandene Einkommen und anderen Späßen.

  2. Ein Steuerabzug nützt vor allem denen, die nicht darauf angewiesen sind. Durch die Progression spart jemand, der ein grosses Einkommen zu versteuern hat, deutlich mehr Geld wenn er Fr. 10 000.- abziehen kann als jemand mit einem kleinen Einkommen.

    Du bezahlst JETZT schon Steuern für arbeitstätige Personen, die ihre Kinder fremdbetreuen lassen. Dass Leute, die ihre Kinder fremdbetreuen lassen, gegenüber Leuten, die ihre Kinder selbst betreuen, aktuell bevorteilt werden, ist stossend. Damit wird nämlich die Arbeit der Mutter& Hausfrau abgewertet, obwohl sie (mindestens) dasselbe leisten wie die Kleinkinderzieherin in der Krippe.

    Beispiel: Wenn meine Nachbarin und ich beide Kinder haben und wir uns gegenseitig die Kinder betreuen würden, wäre die Kinderbetreuung plötzlich etwas wert und wir könnten beide einen Steuerabzug machen. Wenn ich Kinder habe, ausser Haus als Kleinkinderzieherin in einer Krippe arbeite und gleichzeitig meine eigenen Kinder in einer Krippe betreuen lasse, dann ist plötzlich die Kinderbetreuung Geld wert.

    Gerade bei kleinen Einkommen lohnt es sich oft nicht, die Kinder fremdbetreuen zu lassen. Denn: Wenn ich 8 Std / Tag arbeite, müssen die Kinder ca 10 Stunden fremdbetreut werden (Arbeitsweg / Mittagspause/ Arbeitsweg kommen zu meiner Arbeitszeit dazu, in dieser Zeit sind die Kinder ja betreut aber ich verdiene nichts) Dann braucht man meistens ein (2.) Fahrzeug, denn wer wohnt oder arbeitet schon in unmittelbarer Nähe der Krippe? Zusätzlich braucht man als Erwerbstätige mehr Kleider (ist ein Fakt), isst eher auswärts, braucht mehr Geld für den Einkauf, da man weniger Zeit zum kochen / waschen usw hat oder weniger Zeit, auf die Aktionen zu achten.
    Üblicherweise muss eine Frau (falls der Mann ausser Haus arbeitet) einen relativ hohen Lohn verdienen, damit sich eine Fremdbetreuung finanziell lohnt.

    Ich weiss übrigens, wovon ich rede. Ich war allein erziehend mit 3 kleinen Kindern. In meinem Beruf als Krankenschwester zu arbeiten war gar nicht möglich (Schichtarbeit, Wochenende, Nachtdienst) – die Alternative wäre gewesen, zB in der spitalexternen Pflege zu arbeiten, da sind die Arbeitszeiten eher geregelt. Aber: 3 Kinder fremdbetreuen zu lassen war VIEL zu teuer, zudem hätten die Kinder aufgrund ihres Alters in 2 verschiedenen Krippen / Horte gehen müssen und das wollte ich nicht.
    Ich habe mich dann dazu entschieden, die Kinder selbst zu betreuen und erziehen und daneben als Tagesmutter zu arbeiten. So konnte ich für die Kinder, die ja auch unter der Trennung litten, da sein und doch soviel Geld verdienen, dass ich nicht auf die Hilfe des Staates angewiesen war.

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