Frauen, Männer, Sexualität

Besitzansprüche. Mitsprache. Mutterkult.

Ich war lange gespalten in der Diskussion, wer alles mitentscheiden darf und soll, wenn eine Frau abtreibt. Heute bin ich es nicht mehr.

Ich selber war glücklicherweise nie in der Situation, dass ich mir diese Frage hätte stellen müssen, wohl aber einige Frauen in meinem Bekanntenkreis, darunter auch meine Mutter.

Meine Mutter war mit über 40 schwanger geworden. Sie entschied sich, gemeinsam mit meinem Vater für eine Abtreibung, da sie bereits vier Mal schwanger geworden war. Sie fürchteten wahrscheinlich, dass dieses Kind mit einer Behinderung zur Welt kommen würde. Sie hatte bereits ein Kind verloren, meine Schwester, meinen Bruder und mich geboren. Als ich es von meinem Vater erfuhr, meine Eltern waren getrennt, hat mich das sehr geschockt. Ich hätte sehr gerne ein weiteres Geschwister gehabt. Sie selber hat nie darüber gesprochen, wohl aber mein Vater. Die Entscheidung fiel beiden nicht leicht.

Nicht alle Frauen haben die Möglichkeit, einen solchen Entscheid mit ihrem Partner zu treffen. In meinem Umfeld stelle ich fest, dass sich in einem solchen Moment die Männer bereits verabschiedet haben. Mehr als einmal bekam ich mit, wie die Männer auf ihre Freundinnen Druck ausübten, damit sie das Kind abtrieben. Selten hat ein Mann die Frau ermuntert, auf sich zu hören und das zu tun, was sie denkt, dass richtig ist. Ich vermute, dass es in den meisten Fällen um Geld ging.

Besonders in Erinnerung bleibt mir der Fall einer Bekannten, die eine Partnerschaft mit einem Mann führte und schwanger wurde. Sehr früh war klar, dass ihr Kind mit einem Gendefekt zur Welt kommen und eine schwere Behinderung haben würde. Ihr Freund übte auf eine Art und Weise Druck aus, die ekelhaft war. Sie sollte das Kind abtreiben. Er verliess sie noch während der Schwangerschaft. Sie entschloss sich jedoch, das Kind zu bekommen. Sie können sich bestimmt vorstellen, wie schwierig das war, da auch die Ärzte ihr davon abrieten. Hier galt das ach so hochgehaltene Recht auf Leben plötzlich gar nichts mehr. Ich hege grossen Respekt davor, dass diese Frau sich entschieden und auch klar deklariert hat, dass sie dieses Kind will.

Wenn aber eine Frau sich zu einer Abtreibung entschliesst, so passiert das wohl nicht aus einer hohlen Laune heraus. Die körperlichen und psychischen Folgen sind zu schwerwiegend, um sie einfach abzutun. Wer nie in dieser Lage war, hat meiner Meinung kein Recht, eine Frau deswegen zu verurteilen.

Wünschenswert wäre meiner Meinung nach die gemeinsame Entscheidung eines Paars, was eine Schwangerschaft bzw. Abtreibung betrifft. Ich finde, wenn ein Mann zu seiner Frau steht, hat er sehr wohl das Recht, mitzureden. Schliesslich hat auch er zu einem beträchtlichen Teil mitgeholfen. Wo dies nicht der Fall ist, und das ist er leider sehr oft, ist es ja wohl klar, dass die Frau diese (schwere) Entscheidung selber treffen muss.

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Ein Gedanke zu “Besitzansprüche. Mitsprache. Mutterkult.

  1. Das Thema Abtreibung gab es einmal in meinem Leben.

    Ich habe es damals so gehalten, dass ich der Mutter meines Sohnes (jippie, es gibt ihn doch!) die Entscheidung überlassen habe, ob sie abtreibt oder nicht, ihr aber klar meine Meinung gesagt habe, dass ich gerne die Verantwortung für dieses Kind übernehmen würde.

    Meine positive Einstellung zu dem Ungeborenen war ihr also bewusst. Dennoch habe ich ihr ohne Druck die Entscheidung überlassen.

    Nun bin ich seit 5 Jahren alleinerziehend. 😉

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