Sich dazu zu bekennen, dass man Feministin ist, braucht Mut. Die Reaktionen sind einem gewiss.
Nirgends mehr kommt man nämlich der latenten Frauenfeindlichkeit auf die Spur, als wenn man hin steht und sagt: ich bin eine Feministin.
Die Männerhasserin
Natürlich ist eine der ersten Reaktionen, gerade von Männern: „Dann hasst du also Männer?“
Wer nicht sofort darauf antwortet, kriegt zu hören „oder bist du lesbisch?“
Die Vorstellung, dass eine Frau sich für die Rechte von Frauen einsetzt, löst Beissreflexe aus, besonders bei bedrohten Männern, aber auch bei nicht wenigen Frauen. Sich als Frau selbstbewusst zu zeigen und seine Meinung zu sagen, scheint besonders für unsichere Exemplare der männlichen Gattung beinahe eine Androhung von Körperverletzung zu sein.
Die heiligen Kühe
Weitere Feinde holt frau sich, wenn sie es wagt, andere Frauen zu kritisieren, besonders Mütter. Feminismus bedeutet nämlich nicht, ohne wenn und aber honigkuchenpferdgrinsend mit dem Kopf zu nicken, nur weil plötzlich Frauen in der Regierung sind.
Kritik muss erlaubt sein.
Ebenso unbeliebt macht man sich, wenn man es wagt, das Verhalten von Eltern in der Öffentlichkeit zu kritisieren. Elternschaft scheint in unserer Gesellschaft die neue heilige Kuh zu sein. Schliesslich muss man um jeden froh sein, der sich fortpflanzt. Es leben ja auch nur acht Milliarden Menschen auf diesem Planeten.
Schlag in die Eierstöcke
Als bekennende Feministin muss man sich schnell damit auseinandersetzen, dass man angreifbar wird. Die Figur, besonders die sekundären Geschlechtsteile, die Frisur, der Kleiderstil, alles wird mit einem Mal zur Zielscheibe der Kritik.
Aussagen wie: „Du bist doch nur Feministin, weil dich keiner ficken will“, bleiben keine Ausnahme und zeigen deutlich, welches Frauenbild einige Bevölkerungsgruppen wie eine tote Fahne vor sich her tragen.
Still sein und lächeln. Keine Essenz.
Zuletzt kommen all jene Erwartungen zum tragen, die die Gesellschaft von Frauen so hat: Frauen haben sich ruhig zu verhalten. Unauffällig. Schweigen ist Gold.
Damit kann man als Feministin nicht dienen. Zumindest ich nicht. Das Ansprechen von Missständen und Denkfehlern verlangt, dass eine Frau sich klar äussert. Auch wenn das andere Menschen stört oder gar zum Mitdenken zwingt.
Und wenn eine gar Emanze und Mutter ist, will sie gar keiner mehr mitspielen lassen. Zum Glück gibt’s das Internet 😉
P.S. wenn man statt #Gruppe lieber #Verhalten kritisiert, kriegt man weniger Ohrfeigen… aber ich musste etwa 20 Jahre im Netz verbringen, bis ich das begriffen habe… weil die Individuen innerhalb einer vermeintlichen Gruppe sind ja nie homogen. Es gibt beispielsweise so viele verschiedene Mütter, wie es verschiedene Frauen gibt. Die sind auch nicht gleichgeschaltet oder so. Also nervt es, wenn man mit #Arschloch in einen Topf geworfen wird, nur weil man zufällig auch ein Kind aufzieht…
Man kann davon ausgehen, dass Menschen mit diesem Attribut in jeder relevanten gesellschaftlichen Untergruppe in etwa zu gleichen Anteilen vertreten sind, also auch in der Untergruppe aller Mütter. Eine diffuse Masse „Mütter“ zu kritisieren ist in etwa so sinnvoll, wie „die Deutschen“ zu kritisieren oder „die Feministinnen“, „die Katzenbesitzer“, „die Schrebergärtner“ oder was auch immer: Sie alle sind Individuen!
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