Für meine Eltern war es nicht wichtig. ob ich ein Junge oder ein Mädchen werde. Sie haben sich auf ein Kind gefreut. Ich bin dementsprechend frei aufgewachsen. Meinem Vater half ich beim Misten im Stall und meine Mutter war nie sauer, dass ich Puppen nicht mochte.
Für meinen Götti war es allerdings schon schwieriger. Der hat hat mir nämlich nie Lego und Bausteine geschenkt, sondern Puppen. Puppen mit langen Haaren. Babypuppen. Und Kettchen. Verständlich, dass ich damit nichts anfangen konnte?
Meinetwegen hätte die Kindheit endlos weitergehen können. Ich fühlte mich als Mensch. Nicht als Frau. Das hat sich erst (schmerzhaft) geändert, als meine Brüste zu wachsen begannen.
Frausein im Thurgauer Hinterland bedeutete in erster Linie: anständig sein. Davon habe ich leider nicht so viel Ahnung. Ich interessierte mich für Archäologie und griechische Gottheiten. Ich hatte gottseidank einen intelligenten, herzensguten Konfpfarrer, der mich unterstützte. Er hielt meine Leidenschaft fürs Schreiben, für Arabien und längst vergangene Zeiten nicht für eine Verhaltensauffälligkeit wie gewisse andere Lehrer. (Ja, Herr S., Sie waren echt ein Arschloch!)
Frauen in meiner Generation machten das KV. Im Reisebüro Mittelthurgau. Oder gingen ins Lehrerinnenseminar nach Baldegg. Ich litt unter Zahlenblindheit und war nicht katholisch. Schlechte Mischung. Ich hatte andere Pläne. Das passte meinem damaligen Klassenlehrer gar nicht. Es war ihm zu wenig. Für mich war es das Paradies. Ich machte eine Lehre in einer Confiserie. Der Geruch der Schokolade. Die Farben. Die Kunden. Meine Uniform. Das Schaufenster.
Ich habe es sehr geliebt und ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass meine Lehrjahre die schönsten Jahre meines Lebens waren. Der Betrieb in der Backstube, mehrheitlich Frauen in der Lehre, unsere Lehrmeisterin; das war prägend. Ich habe Toleranz, Demokratie, Anstand und Meinungsausdruck in einem KMU gelernt. Und obwohl unsere Lehrmeister schon weit über 60 waren, habe ich sie als geistig junge Menschen empfunden.
Diese Zeit hat mich wie gesagt geprägt. Die Förderung von Frauen ist kein Almosen an eine schwache Gruppe. Sie ist harte Arbeit. Aber sie lohnt sich.